FAQ

Sport im Sudetenland

Fußball:
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wurde im Jahre 1900 in Leipzig gegründet. Zu seinen Gründungsmitgliedern gehörten auch zwei Prager Vereine, nämlich der “Deutsche Fußball-Club Prag” und der „DFC Germania Prag”. Zum ersten Präsidenten wurde der Vorsitzende des DFC Prag,  Univ.- Prof. Dr. Ferdinand Hueppe gewählt (geb. 1852 in Neuwied, Foto: Focus 19.7.2004, S.125). Er mußte 1904 zurücktreten, weil die FIFA, der der DFB beigetreten war, keine ausländischen Präsidenten erlaubte. Immerhin hatte er dem DFB in den ersten vier Jahren eine überlebensfähige Strruktur verliehen. Das erste deutsche Meisterschaftsendspiel trugen 1903 der VfB Leipzig und der DFC Prag in Hamburg-Altona aus (Ergebnis: 7:2).

Die deutsch-böhmische Schiedsrichtervereinigung gründete 1911 für Böhmen den “Deutschen Fußball-Verband” (DFV), der nach 1918 dem Tschechoslowakischen Staatsverband angegliedert wurde. Anders als in der Politik, besaß der DFV im Sudetenland volle Autonomie. Er ermittelte in  seinen 6 Gauen in zwei, später drei Spielklassen seine eigenen Meister. Drei der besten Mannschaften, und zwar der DFC Prag, der DSV Saaz und der Teplitzer FK, spielten zusammen mit tschechischen Mannschaften in der CSR-Staatsliga.  1930/31 und 1931/32 stellte der DFC Prag den Amateur-Staatsmeister der Republik. Der Teplitzer FK war einige Zeit bekannt durch Teilnahme am Mitropa-Cup und durch eine 1922 durchgeführte zweiwöchige Südamerikareise. Sudetendeutsche Spieler kamen zu Länderspielehren vor 1918 für Österreich, nach 1918 für die CSR. In der Olympiamannschaft Österreichs 1912 in Stockholm befanden sich alleine fünf Spieler vom DFC Prag.

Der “Deutsche Turnverband” lehnte den Fußball ab, da er eine Verrohung der Jugend befürchtete. Nach dem Anschluß ans Reich wurde der DFV als Gau 18 in den NS-Bund für Leibesübungen eingegliedert.
(Sudetendeutscher Turnerbrief, 1/1984, S. 2)

                                      

Erster Turnverein in Asch:
Der erste Turnverein der Monarchie wurde 1849 in Asch gegründet, konnte 1855 aber nur unter dem Tarnnamen “Rettungsdienst” und 1860 als “Krankenhilfsverein Germania” fortbestehen, bis er 1862 behördlich anerkannt wurde.
(Andreas Luh, Der Deutsche Turnverband, 1988, S.22, Anm. 4)

 

Die Wiege des Flugsports:
Der erste Sportfliegerverein der Welt überhaupt wurde am 20.10.1894 im Weltkurort Karlsbad gegründet. Sein Name war “1. Fliegerverein Karlsbad”. Otto Lilienthal gratulierte am 8.11.1894 zur Gründung und bot seine Hilfe als Fluglehrer an. Schon nach dem 1.Weltkrieg gab es in der Nähe der Weltbäder im Egerland vier Flugplätze: Chiesch, Eger, Karlsbad und Marienbad. Segelfluglehrgänge fanden seit dem 6.8.1934 in Karlsbad am staatlichen Flugplatzstatt statt. Leo Forkarth, Anton und Ernst Schmiedl setzten dafür Auto-, Winden- und Flugzeugschleppverfahren ein.

Fliegereigeschichte schrieb Igo Etrich mit seiner “Etrich-Taube”.  Als er 1929 ein Sportflugzeug baute, das schneller war als die csl. Armeeflugzeuge, mußte er es verschrotten.

Noch 1981 wurde das 1936 von Lothar und Alfred Vogt aus Würbenthal konstruierte Segelflugzeug LO-100 verwendet.

 

Wintersport:
Ski-Pionier Zdarsky
Einer der wichtigsten Ski-Pioniere war Mathias Zdarsky, der am 25.2.1856 in Trebitsch in der Iglauer Sprachinsel geboren wurde. Er entwickelte eine neue Bindung, die auch in Norwegen patentiert wurde und gab 1896 das Buch “Lilienthaler Skilauftechnik” heraus. Seine Erfahrung war auch bei der Österreichischen Armee gefragt, deren Berater er über viele Jahre war. Zdarsky starb am 20.6.1940 in St. Pölten.

Wettkampfsport
Besondere Erfolge können Sudetendeutsche im Schisport aufweisen. Vorzeigeathlet war Gustl Berauer aus dem Riesengebirge (*1916 in Petzer). 1936 erzielte er bei der Olympiade in der Langlaufstaffel der CSR die beste Zeit. Seine Stärke war die Nordische Kombination, in der er 1939 in Zakopane und 1941 in Cortina d`Ampezzo Weltmeister wurde und die bis dahin dominierenden Skandinavier hinter sich ließ. Im Schisprung erreichte Berauer seine größte Weite im März 1940 von der Mammutschanze in Planica mit 100 m. Auf nationaler Ebene fügte er diesen Erfolgen vier Deutsche Meisterschaften hinzu. Nach dem Krieg konnte er den Schilauf wegen einer schweren Verwundung an der Ostfront nicht mehr betreiben. 1961 stiftete jedoch der Österreichische Skiverband den Berauer-Pokal für den Mannschaftswettbewerb in der nordischen Kombination.

Die erste Olympische Medaille (Bronze) eines Sudetendeutschen Wintersportlers gewann Rudolf Burkert 1928 in St. Moritz. Es war überhaupt die einzige Wintersportmedaille, die ein Sportler der CSR bis 1938 errungen hatte.
(Sudetendeutsche Zeitung, 25.11.1977, S. 7).
Schon 1907 errang Johann Hollmann den Titel “Skimeister von Deutschland”. Weitere Namen sind zu finden bei Heinz Podelnik, ”Stolze Erinnerungen”, Dr. Pepi Erben, “Stolze Erinnerungen II” sowie bei Toni Herget, “Von sudetendeutschen Skiläufern” in Sudetenpost, 1. April 1976, S.3.

 

Zurückgelassene vereinseigene Immobilien:
Folgende Immobilien mußten 1945 alleine die Vereine des Dt.Turnverbandes zuücklassen:

       Turnhallen           -  168                     Schneelaufhütten   - 30
       Spielplätze            - 342                      Eislaufplätze         - 57
       Schwimmanstalten - 27                       Sprungschanzen   - 48
       Gaststätten            - 79                       Bootshäuser          -   6

(Quelle: Sudetendeutsche Turnerbrief, Oktober 1962, S. 16)

 

Leichtathletik-Pionier Franz Jahnel:
Der Egerer Lehrer und Leichtathlet Franz Jahnel (*1892) erarbeitete 1923 eine Punktetabelle für den leichtathletischen Mehrkampf, die 1933 der Olympischen Mehrkampfwertung zugrundegelegt wurde und  bis 1953 Gültigkeit hatte.
 (Sudetendeutscher Turnerbrief 4/1982, S.16)

 

Olympiasieger Josef Steinbach:
Josef Steinbach wurde am 21.3.1879 in Horschau bei Bischofteinitz als 11. Kind eines Kleinlandwirts geboren. Er kam 1894 nach Wien, um Kellner zu werden. Seit 1899 widmete er sich der Schwerathletik und brachte es schon 1904 in Wien und 1905 in Duisburg zur Weltmeisterschaft in der Schwergewichtsklasse. 1906 wurde er in Athen Olpympiasieger und Weltmeister und galt als stärkster Mann der Welt. Sein Rekord im einarmigen Stoßen rechts mit 106 Kilogramm galt noch 1937, als Steinbach starb. Sein Begräbnis wurde zu einer der imposantesten Trauerkundgebung, die Wien jemals sah.
(Der Egerländer, 1979/4, S. 78)

 

“Olympische Spiele” schon 1817 in Olmütz:
Jahrzehnte vor Baron de Couberin hat schon 1817 der Olmützer Professor Josef Leonhard Knoll mit seinen Schülern eine Wiederbelebung des Olympiagedankens versucht. Die Wettkämpfe umfaßten Laufen, Springen, Werfen, aber auch geistige Vorträge, was Coubertin erst bei den 5. Spielen 1912 einführen konnte. Leider fand die Veranstaltung insgesamt nur zweimal statt, denn schon im Herbst 1818 zwangen die Beschlüsse gegen “revolutionäre Umtriebe” zur Auflösung der Burschenschaften und Turnanstalten. Knoll wurde unter Polizeiaufsicht gestellt und mußte seine olympischen Pläne verleugnen.
(Sudetenpost 1956/19)

 

    Erfolgreiche Sportler mit sudetendeutschen Wurzeln:
    Egerland:              Erich Kühnhackl, Eishockey, 1980: 500 Spiele, 500 Tore, aus Zieditz
    Egerland               Philipp Lahm, Schütze des ersten Tores der Fußball-WM 2006 in                                          Deutschland, Großeltern aus Schönbrunn bei Tachau/Egerland          
    Gottesgab:             Ewald Roscher, Skispringer und Erfolgstrainer
    Tepl:                    Silvia Hanika, Tennis, Vater aus Großmaul bei Tepl;
    Marienbad:           Peter Hofmann, Zehnkampf;
    auch Wagnersänger und Popstar
    Mähren:                Bernhard Langer, Golf
    Nordmähren:        Sigi Held, Fußball
    Neudorf/Petschau: Horst Floth, Bobfahrer
    Neutitschein:          Boris Becker, Mutter aus Kunwald bei Neutitschein
    Nordböhmen:        Endler Michaela (Schilanglauf, WSV Aschau, 23 DM-Titel)
                                
    (Enkelin bzw. Tochter der suddt. Ski-Asse Ludm. Hollmann u. Kurt Endler)
    Komotau:             Franz-Peter Hofmeister, Leichtathlet, 400m-Europameister,                            Rudolf-Harbig-Gedächtnispreis 1980; Vater aus Trupschitz,                 Krummwasser:     Hugo Simon, Jahrgang 1942, „Legende im Springsattel“,                                  Olympiateilnehmer für Österreich, dreifacher Weltcupsieger
    Prag-Smichov:      Christian Neureuther, Skifahrer,
    Mutter Gretl, geb. Nonnenbruch,                                    war mit ihrer Schwester Nani eifrige Turnerin im TV Smichov 
                                       (Sudetendeutscher Turnerbrief, 1987/2, S. 20)
    Schönhengstgau:    Guido Kretschmar, Weltrekord im Zehnkampf,
                              
    Sportler des Jahres 1980, Eltern aus Sichelsdorf.
    Sigi Wentz           Olymp.Bronzemedaille im Zehnkampf, Mutter aus Kornitz
    Ullitz, Kreis Mies:  Roland Wabra, Fußball-Torwart
    des 1.FC Nürnberg mit über 500                                   Spielen, * 1935 (HB Mies-Pilsen 2005)
    Oschelin:              Alwin Wagner, DM Diskuswurf, Eltern aus Oschelin, Kreis Mies
    Kottiken:              Josef Klik,
    DM Zehnkampf 1955, DM Kugel usw.; * 1935 Kottiken, Kreis Mies
    Heiligenkreuz:       Karl Schranz, Schilauf-Weltmeister, * 1938, Mutter aus                                    Heiligenkreuz, Bez. Bischofteinitz (Sudetenpost 1972-03, S.3/1973-6, S.8/1998-23)
     

Sportliche Höchstleistung:
Am 2. Februar 1929 startete Friedrich LUDWIG vom Turnverein Freudenthal zu einem Schilanglauf von 1300 km nach St.Moritz. Seine Strecke führte ihn vom Altvater über das Riesen-, Lausitzer- und Erzgebirge durch den Bayrischen- und den Böhmerwald nach Passau, Salzburg, Innsbruck. Schließlich erreichte er bei Finstermünz die Schweizer Grenze und setzte seinen Weg das Engadin abwärts über Schuls bis St. Moritz fort. Dort traf der junge Sudetendeutsche nach 25 Tagen und einer Tagesdurchschnittsleistung von 52 km am 27. Feber 1929 in guter Verfassung ein. Friedrich Ludwig mied bei seinem Riesenlanglauf die Straßen und hielt sich an die Talhänge und Höhenwege. Der damalige Winter war sehr schneereich, aber auch sehr kalt (43 Grad im Böhmerwald!). Ludwig vollbrachte diese Höchstleistung aus eigenem Entschluß ohne jede fremde Hilfe unter Verwendung seines dafür angesparten Urlaubs.
(Sudetendeutscher Turnerbrief 1979/1, S. 10  und Sudetenpost 24.5.1979, S. 2)

 

Das Sokolwesen:
Masaryk sagte über den 1862 gegründeten Sokol: “Ebenso wie zur Zeit Kollars haben wir spät von den Deutschen Gedanken und völkische Einrichtungen übernommen. Als bestes Beispiel kann das Sokolwesen gelten, das als eine deutsche Idee von einem gebürtigen Deutschen (Tirsch) zu uns verpflanzt worden ist”
(Theimer, Die Sudetendeutschen, S. 586)
Henlein war 1926 vom Sokolfest in Prag begeistert und schritt (mit Erfolg) zur “Sokolisierung” des sudetendeutschen Turnens.
(Frz.Katzer, Das große Ringen, S. 177 sowie Becher, Zeitzeuge, S. 56)

Nach 1948 war der Sokol-Verband in der CSSR verboten, lebte aber in der Emigration weiter. Der erste Sokol-Verein in Deutschland entstand in Ludwigsburg, wo am 5.3.1949 unter dem Namen “Sokol-Gau-im Exil-Dr. Edvard-Benesch” auch der Dachverband für die 17 in der BRD bestehenden Ortsgruppen gegründet wurde. In Italien gab es 9 Sokolvereine und in der Schweiz (aber erst nach 1968) sechs weitere. 1982 befand sich der Sitz des Weltverbandes in Kanada und betreute etwa 4000 Mitglieder. Der Vorsitzende hieß Waldauf, sein Vorgänger Dr. Hrebik (war zwischen 1945 und 1948 Mitwirkender bei den ao. Retributionsgerichten). Beim Welttreffen 1982 in Wien zählte man etwa 700 aktive Teilnehmer. Die Veranstalter beklagten den geringen Besuch vor allem durch die schon seit Jahrzehnten in Österreich lebenden Tschechen (Ceske Slovo, 7/8, 1972), was aber an der Abspaltung einer nach dem kommunistischen Prager Regime ausgerichteten Gruppe lag, die zur gleichen Zeit einen Ausflug nach Brünn durchführte.
(Sudetendeutsche Zeitung, 8.7.1983).

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